Mahaprabhujis Augenoperation
Es kam eine Zeit, da die Schüler, die ständig um Mahaprabhuji waren, erkannten, daß seine Sehkraft schwand. Sie baten ihn des öfteren, einen Arzt aufzusuchen, doch wies er sie ab:
"Warum sollte ich das tun? Meine physischen Augen sind nicht wichtig. Nur das, was ich mit meinem inneren Auge sehe, zählt. Auch wenn meine Augen völlig erblindet wären, könnte ich weiterhin uneingeschränkt im Himmel, auf Erden und in den Seelen der Menschen alles erkennen. Sorgt euch nicht um meinen Körper. In immerwährender Glückseligkeit verankert bin ich nur gleichmütiger Zeuge meines körperlichen Zustandes."
Dennoch waren die Schüler um die Gesundheit ihres geliebten Gurudeva besorgt. Sie wußten, daß er an grauem Star litt und nur eine Operation helfen konnte. So baten sie ihn nach wie vor, ärztliche Hilfe anzunehmen. Eines Tages sagte ein Schüler zu ihm:
"Meister, bitte, laß mich für Dich einen Termin im Spital von Ajmer vereinbaren. Ich werde mich um alles kümmern und dafür sorgen, daß Du die bestmögliche medizinische Versorgung erhältst. Bitte, erlaube mir, Dir diesen kleinen Dienst zu tun."
Als Mahaprabhuji sah, daß dies der ernsthafte Wunsch vieler seiner Ergebenen war, stimmte er schließlich zu.
"Gut. Ich bin bereit, dorthin zu gehen, da ihr es so wünscht. Trefft also alle notwendigen Vorkehrungen."
Es wurde ein Termin festgelegt, und der Tag kam, an dem Mahaprabhuji nach Ajmer aufbrach. Die Dorfbewohner, die natürlich davon erfahren hatten, verabschiedeten sich voller Besorgnis von ihrem geliebten Meister. Sie wußten nicht allzu viel über Krankenhäuser und verbanden schreckliche Vorstellungen damit. Viele befürchteten, daß Mahaprabhuji sie für immer verlassen würde.
Im St. Francis Hospital in Ajmer wurde Gurudeva von Dr. Ram Gopal, einem bekannten rajasthanischen Neurologen, begrüßt. Die Untersuchung nahm Dr. Sri Amba Lal vor, der feststellte, daß eine Operation notwendig war, um Mahaprabhujis Sehkraft wiederherzustellen. Die Vorbereitungen dafür wurden also getroffen.
Im Operationszimmer lehnte Mahaprabhuji eine Narkose ab, weil er sie, wie er sagte, nicht benötigte:
"Ihr könnt unverzüglich mit der Operation beginnen. Sagt mir nur, wie lange ihr dazu brauchen werdet."
Als der Arzt zögerte, versicherte er nochmals:
"Du kannst die Operation ruhig durchführen. Vertraue meinen Worten!"
Daraufhin versetzte sich Mahaprabhuji in einen transzendenten Bewußtseinszustand, in dem er völlig frei von jeglicher körperlichen Empfindung war. Als der Arzt die Operation beendet hatte, bemerkte er zu seinem Schrecken, daß Mahaprabhuji nicht atmete und kein Lebenszeichen zeigte. Er betete zu Gott um Hilfe, doch in diesem Moment öffnete Mahaprabhuji die Augen und lächelte:
"Besitzst du so wenig Vertrauen? So beiläufig werde ich meinen Körper nicht für immer verlassen. Nur für die Zeit der Operation habe ich mein Bewußtsein zurückgezogen, damit ihr ungestört arbeiten konntet."
Und er fügte noch hinzu:
"Es hat aber doch länger gedauert, als ihr glaubtet!"
Später sprach ich selbst mit Dr. Amba Lal, der mir erzählte, daß der Moment, als Mahaprabhuji die Augen öffnete, einer der glücklichsten Augenblicke seines Lebens gewesen sei. Er empfand es als große Gnade, daß er bei Mahaprabhuji sein und die Operation durchführen durfte, und empfing seinen Segen demütig und dankbar.
In diesen Tagen war ich in Ahmedabad, wo ich erst durch einen Brief von Dr. Amba Lal Nachricht von Mahaprabhujis Aufenthalt im Spital erhielt. Er erklärte mir die medizinische Situation und fügte hinzu:
"Ich bin vielen heiligen Männern und Swamis begegnet, doch noch nie traf ich einen, der Sri Mahaprabhuji gleicht. Es war für mich eine große Ehre, einem solchen Heiligen einen Dienst erweisen zu können."
Er schloß den Brief mit der Botschaft Mahaprabhujis an mich, unverzüglich zu ihm nach Ajmer zu kommen. Ich verlor keine Zeit. In Ajmer eingetroffen, begab ich mich sofort in die Klinik - zu einem freudvollen und inneren Frieden bringenden Wiedersehen mit meinem Gurudeva.
Die Ergebenen aus Ajmer waren glücklich, ihren geliebten Meister bei sich zu haben. Sie sorgten dafür, daß es ihm im Krankenhaus an Bequemlichkeit nicht fehlte. Den ganzen Tag über kamen Besucher, und er hielt für sie - trotz seiner Augenoperation - täglich Satsang.
Sie gehörten allen Ständen und Religionen an. Die Moslems priesen ihn als Inkarnation des Propheten Mohammed, die Christen nannten ihn die Verkörperung der Liebe und Gnade Jesu Christi, die Sikhs ehrten ihn wie ihren Guru Nanak. Die Menschen der verschiedensten Religionen verspürten das unsagbare Gefühl der Erfüllung beim Anblick Mahaprabhujis. Er nahm sie alle mit liebendem Herzen auf, er, der Botschafter des göttlichen Wortes, die Inkarnation des Guten. Seine Antworten waren immer in Einklang mit denen ihrer heiligen Schriften.
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