Bettler an der Schwelle des Himmels
Zu zwei Fakiren[1] , die ihn um Almosen baten, sprach Mahaprabhuji:
"Verschwendet euer Leben nicht mit Betteln um Nahrung, die eure Bedürfnisse nur für eine kurze Weile erfüllt. Bittet lieber Allah, den Hunger eurer Herzen zu stillen, wodurch ihr immerwährende Zufriedenheit erlangen werdet."
Sie entgegneten:
"Swamiji, althergebrachtes Recht und ehrwürdige Tradition ist es, daß Yogis, Swamis und Fakire von Almosen leben. Auch Du solltest dieser Sitte folgen!"
Lächelnd antwortete Mahaprabhuji, daß auch er bettle, jedoch anders als sie. Dann sang er ihnen einen wunderschönen Bhajan in traditionellem moslemischem Stil:
TUM LAKHON FAKIRON HAM FIRE
Hört, ihr Fakire, ich bin ein Bettler an der Schwelle des Himmels.
Obgleich ich keine Bettelschale bei mir trage,
bin ich stets mit Gaben reich beschenkt.
Ohne einen Schritt zu tun, ohne eine einzige Bewegung,
bereise ich doch das ganze Universum.
Ohne Fußspur gehe ich auf meinem Weg.
Dort ist Er das Licht; unbeschreiblich ist Sein Spiel.
Dort gibt es keinen Atem, keinen Ort und keine Wohnstatt,
weder Hoffnung, noch Enttäuschung.
Dort existiert kein Himmel, keine Hölle und kein Kailash.
Nichts ist sichtbar, keine Form, kein Prana.
Nur der Viveki[2] , nur der Kenner der Veden, kann dies erfahren.
In Ajapa-Meditation[3] fliegt der Hansa ohne Flügel.
Sri Devpuriji,der vollkommene Satguru,führte mich zu diesem Ort.
Sri Deep meditiert auf ihn und erhält dort sein Almosen
Die Fakire baten Mahaprabhuji, ihnen zu erklären, wo sie denn das Höchste Selbst und Allah finden könnten. Mahaprabhuji antwortete ihnen, beides sei ein und dasselbe. Zur Illustration sang er wieder einen Bhajan:
KHUDA KHUDA KYA KARE KHUDA
Warum ruft ihr "Allah! Allah!" ?
Er ist in euch, dort müßt ihr Ihn suchen.
Sein Glanz erstrahlt in jedem Wesen,
wie die Sonne sich im Wasser spiegelt.
Suchet geduldig nach Ihm. Der Herr ist in euch!
Meditiert und singt im Herzen Seinen Namen,
dann könnt ihr sicher sein, zu Ihm zu gelangen.
Denn Er ist in euch!
Er existiert im Innern in der feinsten Form.
Meine Lieben, ihr werdet Ihn finden!
Bedenkt, daß euch nichts für immer gehört.
Erkennt die Unwirklichkeit der Welt
und findet die ewig gültige Wahrheit
- denn sie ist in euch.
Mein geliebter Guru, der vollkommene Meister,
hat mir mein inneres Selbst enthüllt.
Oh ihr Fakire, das Selbst ist in euch!
Die Fakire, von der göttlichen Wahrheit erleuchtet, deren Verwirklichung ihnen durch Mahaprabhujis Gnade zuteil wurde, verbeugten sich und priesen ihn als ihren Meister - als den Guru, der ohne Zweifel alle Lebewesen als Kinder Gottes ansieht.
[1]Fakir = islamische Entsprechung zu Sadhu oder Swami
[2]Viveka = Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit
[3]Ajapa = spontane, fortwährende innere Mantra-Wiederholung
Nächstes Kapitel: Lila — Das Göttliche Spiel
Voriges Kapitel: Panch Dhuni — über die fünf Feuer
Übersicht: Die Göttliche Gnade von Sri Mahaprabhuji