Nath Babaji
In einer der hinter dem Ashram gelegenen Hütten lebte ein Mann namens Nath Babaji. Der Name Nath bezeichnet die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensrichtung, deren Anhänger Ohrringe und Armreifen aus Glas und Kupfer tragen.
Nath Babaji war eben dabei, zu Ehren der Devi (der Göttlichen Mutter) eine neuntägige zeremonielle Übung, Navrati genannt, durchzuführen. Dieses Ritual bezieht sich auf den neun Tage lang in neun verschiedenen Gestalten währenden Kampf der Göttin gegen die Macht des Bösen. Nath Babaji saß also vor dem steinernen Abbild der Göttin und führte die vorgeschriebenen Gebete aus. Da betrat Sri Devpuriji seine Hütte, beobachtete ihn eine Zeitlang und sprach dann:
"Nath Babaji, du hast deine Ohrläppchen geöffnet und durchbohrt, um dich mit Ringen zu dekorieren. Du tätest aber besser daran, deinen Geist zu öffnen und ihn von der Illusion der Maya befreien.
Was kannst du von einer Steinfigur erwarten?
Denke an einen König, an einen Arzt oder an einen Lehrer:
Alles kann dir der König geben, wenn es sein Wille ist, doch nur solange er lebt. Bist du krank, so kannst du von einem Arzt Heilung erhoffen - dies jedoch nur solange, als er noch nicht verstorben ist. Ebenso kann dir nur ein lebender Lehrer Wissen vermitteln - sein toter Körper vermag dir keinerlei Nutzen zu bringen.
Warum also verehrst du ein lebloses Abbild, das dir niemals etwas geben könnte?"
Nath Babaji war wegen der abrupten Störung seiner Zeremonie sehr aufgebracht. Auch war er verärgert über Sri Devpurijis Worte, wagte aber nicht, etwas zu entgegnen. So neigte er wortlos den Kopf zum Gruße und verließ seine Hütte, ohne zu sagen, wohin er zu gehen gedachte.
Drei Tage später sah Sri Devpuriji durch Prakashya Siddhi[1], daß Nath Babaji sich in Lohagal aufhielt, einem Wallfahrtsort im Bezirk Sikar, wo er an einem religiösen Fest teilnahm. Allerdings war er in seinem Innern sehr bedrückt, weil er sich anläßlich Sri Devpurijis Erscheinen nicht besser beherrscht hatte. Der all dies erkennende Sri Devpuriji erschien ihm, um ihn zu trösten:
"Hör auf, dir Sorgen zu machen! Du bist mein Schüler, und wo immer du bist, bin ich bei dir. Wann immer du an mich denkst, werde ich zu dir kommen."
Tränen der Freude über die barmherzigen Worte seines Meisters traten Nath Babaji in die Augen, indem er sich verbeugte. Als er sich wieder aufrichtete, war Sri Devpuriji verschwunden.
Von diesem Tage an war er Gurudeva treu ergeben - so zeigte sich die verwandelnde Segenskraft des Meisters, die ihn von blindem, naivem Glauben an äußere Riten und Abbilder auf den Weg zur göttlichen Wirklichkeit führte.
[1]Prakashya Siddhi = Fähigkeit des Hellsehens
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