Gott Shivas Erscheinen
In der Neumondnacht des Monats Februar begehen die Inder das Shivaratri-Fest. Zu Ehren Gott Shivas meditieren in dieser Nacht alle Ergebenen, Yogis und Swamis bis zur Morgendämmerung. Auch im Ashram Sri Udai Purijis wurden zu diesem Anlaß die traditionellen Zeremonien und Feiern abgehalten.
Srimati Chandan Deviji vernahm, daß in dieser Gott Shiva geweihten Nacht schon zahlreichen Ergebenen die Schau seiner göttlichen Gestalt gewährt worden war, und dachte bei sich: "Vielleicht segnet Er auch mich durch seinen Darshan[1] ."
Sie entschloß sich, solange zu fasten, bis sie durch Gott Shivas persönliches Erscheinen gesegnet würde. Im unerschütterlichen Glauben, Gott Shiva von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, begann sie sein heiliges Mantra
OM NAMAH SHIVAYA
"OM, meine Verehrung zu Gott Shiva"
zu singen und versank dabei in tiefe Meditation. Ihr Gebet wurde erhört. Um ein Uhr nachts erschien Gott Shiva vor ihr und sprach mit seiner Stimme von reinem Wohlklang:
"Sei gegrüßt, Göttliche Mutter! Deine Tapasya[2] und Deine Gebete aus diesem und früheren Leben sollen nun Früchte tragen. Die Gnade wird Dir zuteil, den höchsten Gott und König des Universums als Deinen Sohn zu empfangen. Der freudenvolle und segensreiche Tag seiner Inkarnation in Deinem Haus wird das gesamte All mit göttlichem Licht erfüllen. Auch wir werden uns aus diesem glücklichen Anlaß wieder begegnen, denn ich werde hierher kommen, um Deinen Sohn zu besuchen. Zudem wirst Du mit drei weiteren Söhnen und einer Tochter – allesamt reine und heilige Seelen – gesegnet werden."
Hierauf entschwand die Gestalt des Gottes. Srimati Chandan Deviji kehrte aus ihrer Meditation zurück; indem sie die Augen wieder dieser Welt zukehrte, dachte sie bestürzt: "Welche Gnade wurde mir soeben zuteil! Gott Shiva selbst, der Ozean göttlicher Liebe und Weisheit, segnete mich durch seine Anwesenheit! Nicht den geziemenden Empfang jedoch entbot ich ihm, so sehr war ich in der Erscheinung seiner strahlenden göttlichen Gestalt befangen."
Voll Staunen sann sie über die Prophezeihungen nach, die ihr die göttliche Erscheinung verkündet hatte, und fragte sich, wie und wann dies alles wohl geschehen mochte.
Noch im Verlaufe dieser Nacht fühlte Srimati Chandan Deviji, wie ein strahlendes Licht sich auf sie niedersenkte und zugleich ihren Körper und ihre Seele erfüllte. So empfing sie das Geschenk des Himmels: Vishwa Deep Jyoti Paramatma[3] - das Göttliche Selbst, dessen Glanz den ganzen Kosmos erhellt.
Neun Monate später, zu Diwali, dem indischen Neujahrsfest[4], hatte Srimati Chandan Deviji um genau drei Uhr dreißig einen Traum. In einer Vision erlebte sie die Ankunft Gott Vishnus auf Erawat, dem weißen Elefanten mit sieben Rüsseln[5]. Der Gott hielt in seinen Händen seine Insignien: Shankha - das Muschelhorn, Chakra - das Rad, Gada - die Keule und Padam - den Lotus. Er wurde von Gott Shiva begleitet, der, bekleidet mit einem Tigerfell, auf seinem Bullen Nandi ritt, und aus dessen am Scheitel geknotetem Haar der heilige Fluß Ganga herabströmte.
Eine halbe Stunde später, am Tage Kartika Amavasya Deepawali[6] um vier Uhr morgens, zur Stunde des Brahma Muhurta[7], inkarnierte Sri Deep Narayan Mahaprabhuji, der Beschützer aller Lebewesen. In dem Moment seiner Verkörperung erschien er seiner Mutter in der Vision des göttlichen Kindes Krishna, das alle Herzen zu sich zieht. Da erkannte Mataji Chandan Deviji, daß ihr Sohn, den sie durch die Gnade Gott Shivas empfangen hatte, eine göttliche Inkarnation war.
Auch ereigneten sich zahlreiche Wunder zu dieser denkwürdigen Stunde: Die Öllämpchen, die aus Anlaß des Diwali-Festes an den Häusern des Ortes angebracht und bereits erloschen waren, entzündeten sich von selbst wieder, und vom Himmel fielen weiße Blumen herab.
Als die Dorfbewohner am Morgen erwachten, fühlten sie sich alle von einer unerklärlichen inneren Freude erfüllt. Voll Verwunderung erblickten sie die brennenden Öllämpchen und die mit Blüten übersäten Straßen. Einige vermuteten, dies sei ein Wunder Gott Ramas, zu dessen Ehre Diwali gefeiert wird. Manche meinten einfach, es sei wohl das Werk guter Geister; andere wieder glaubten, diese Wunder seien von der unsichtbaren göttlichen Macht des Universums vollbracht worden. Keiner von ihnen ahnte auch nur, wie es in Wahrheit dazu gekommen war.
Sri Udai Puriji Maharaj war überglücklich, daß ihm ein göttlicher Sohn geboren war. Er teilte reiche Spenden an die Armen und Priester aus und dankte Gott inniglich in seinen Gebeten.
Wird in Indien ein Kind geboren, so erstellt traditionsgemäß ein Astrologe das Geburtshoroskop und wählt einen Namen für das Kind. Dafür nun wurde der Gelehrte Pandit Premshankar Shastracharya ausersehen. Als er seine Berechnungen durchgeführt hatte, sprach er zu Sri Udai Puriji:
"Dies ist ein ganz besonders ausgezeichneter Tag! Die Konstellation der Planeten ist äußerst selten und nur bedeutende Persönlichkeiten werden zu einer solch glückverheißenden Stunde geboren. Dein Sohn wird über außerordentliche und übernatürliche geistige Kräfte verfügen. Er ist eine große Seele, ein göttlicher Meister. Sein Name soll Deep[8] sein - Licht. Wer seinen Segen empfängt, erfährt göttlichen Frieden und das Erwachen des inneren Lichts.
Dieses Kind wird sein wie eine strahlende Sonne, für seine Familie, für Indien, für die ganze Welt. Es wird höchsten Ruhm erlangen.
Ich bin sehr glücklich, auserwählt zu sein, für diese großen Seele einen Namen zu nennen."
[1]Darshan = Anblick, Segen eines Heiligen oder Gottes
[2]Tapasya = Askese, Bußübung
[3]Vishwa Deep = universales, göttliches Licht; Jyoti = Flamme;
Paramatma = Höchstes Selbst
[4]Diwali = Fest des Lichtes, das in Indien zu Neumond Ende November/Anfang Dezember) ge-feiert wird.
[5]Der weiße Elefant mit sieben Rüsseln ist ein Symbol für Weisheit und Wohlstand.
[6]Nach unserer Zeitrechnung war dies der 8. November 1828.
[7]Brahma Muhurta = Morgendämmerung
[8]Deep (gespr. Dîp) = Licht
Nächnstes Kapitel: Mahaprabhujis Kindheit
Voriges Kapitel: Die Inkarnation Gott Haris im Dorfe Hari Vasani
Übersicht: Die Inkarnation des Göttlichen Selbst OM VISHWA DEEP in Gestalt von Sri Mahaprabhuji